Herzensbrecher im Anmarsch

Es ist Mittwochnachmittag im Seniorenheim " Willi Kupas" in Wittenberge. Im Sportraum finden sich vierzehntägig viele Bewohner ein und sind in freudiger Erwartung, dass gleich ihr "kleiner Liebling" um die Ecke gerannt kommt.

Und dann ist es soweit. Therapiehund Arny und ich=Frauchen betreten den Raum und die Gesichter fangen an zu strahlen. Bei einigen Bewohnern verändert sich die Körperhaltung, einige beginnen zu erzählen und locken Arny, andere verfolgen das Geschehen aufmerksam von Weitem und warten ab, was nun folgt.

Doch für alle ist eins klar, wenn der kleine Bolonka Zwetna Rüde Arny sie mit seinen großen Kulleraugen anschaut, auf dem Schoß sitzt und sie sein warmes, weiches Fell spüren, hat er schon ihr Herz gewonnen.

Arny weckt so viele verloren geglaubte Fähigkeiten aus den teilweise dementen, kranken, körperlich, sinnlich oder geistig eingeschränkten Bewohnern heraus.

Es ist eine Freude, mit anzusehen, welche Bewegungen plötzlich wieder möglich sind, wenn Arny z.B. über Arme oder Beine springen soll, wenn er in der Hand nach einem Leckerlie sucht , mit den Bewohnern Fußball spielt oder sich einfach nur auf dem Schoß einkuschelt.

Eine an Parkinson erkrankte Bewohnerin reibt mit Vorliebe die kleinen weichen Löckchen  von Arny zwischen den Fingern und genießt dabei dietaktile Wahrnehmung auf der Haut.

 

Andere Bewohner fangen an zu erzählen, was sie teilweise nur noch sehr selten tun. Sie erinnern sich an früher, an ihre eigenen Haustiere, ihre Familie und ihre Kindheit.

Lang- und Kurzzeitgedächtnis werden bei Arnys Anwesenheit angeregt, das Sprach- und Aufgabenverständnis gefördert.

Wichtig ist in der angebotenen Hundetherapie immer wieder das soziale Miteinander der Bewohner. Beim Verstecken von Leckerlie für Arny auf dem Suchbrett helfen sie sich gegenseitig und freuen sich gemeinsam, wenn er schon nach kurzem Geschnüffel die richtige Dose gefunden hat.

Wenn Arny sich einmal nicht zur Gruppentherapie trifft, macht er mit mir=Frauchen einen Streifzug durch die Zimmer von Patienten, die ihr Bett nicht mehr verlassen können oder aus anderen Gründen eine Einzeltherapie brauchen. So genießt zum Beispiel Frau H. Arnys Besuch am und im Bett oder Rollstuhl.Sie kuschelt mit ihm, lockt ihn gezielt zu sich und entspannt sichtlich. Sprache ist zwischen den beiden nicht wichtig, sie verstehen sich ohne Worte und so ist es immer ein besonderer Augenblick, wenn Arny um die Ecke gehuscht kommt und auf den Schoß von Frau H. springt. Ihre Stimmung, ausgedrückt in Körperhaltung und Mimik, steigt mit jeder Minute, in der der weiche, warme Kontakt besteht.

Es ist immer eine Herausforderung für das Therapieteam Arny und mich=Frauchen, sich auf die veränderten Situationen und die unterschiedlichsten Bedürfnisse der einzelnen Personen einzustellen. Es bringt so viel Freude auf beiden Seiten und motiviert stets auf`s Neue.

Eine Bewohnerin äußerte sich einmal nach einer Therapiestunde: "Dieses Lächeln nehme ich mit in mein Zimmer!".

Das ist der Grund für die ehrenamtliche Tätigkeit, die mich und noch viele andere Teams von " Mensch und Tier - Verein der tiergestützten Therapie e.V." bundesweit in ihrer Freizeit leisten.

 

April 2012, Evelyn Polfuth