Erfahrungsbericht:

Praktikum bei Frau Fischer

im Sommer 2008

 

 

David Bielefeld hatte sich entschlossen, im Rahmen einer Jugendmaßnahme in 2008 ein 4-wöchiges Praktikum beim Verein "Mensch und Tier" bei Frau Fischer-Finzelberg in Viesecke zu absolvieren.

 

Hier ist sein Rückblick vom August 2010 - inzwischen von viel Fachwissen getragen, denn David Bielefeld studiert Deutsch und Sonderpädagogik ( Förderschwerpunkt körp./ mot. Entwicklung und Förderschwerpunkt E) LA Gymnasium/Gesamtschule im 3.Fachsemester an der Universität Köln./ Stand 2011)

 

This house is for the comfort of our dogs,

visitors must take second place,

if you love dogs, you`ll understand,

if not, what are you doing here ?

 

Im Sinne dieses Spruchs brachte Frau Fischer mit viel Idealismus ihre Arbeit mit ihren Hunden voran.

Mit Unterstützung durch engagierte ehrenamtliche Mitarbeiter besuchten sie mit den ausgebildeten Therapiehunden regelmäßig Altenheime, Schulen und Behindertengruppen oder übten mit ihnen Agility direkt hier in Viesecke.

Die Hunde sind nach den Richtlinien des Vereins Therapiehunde Schweiz (VTHS) ausgebildet, der sich wiederum auf das Basiswissen der Delta-Society USA stützt.

 

Frau Fischer und ich kennen uns schon viele Jahre privat und 1996 habe ich einen Setter " Gillary`s Crocket" von ihr erhalten.

Die Arbeit mit den Hunden in diesen Einrichtungen hatte ich schon über viele Jahre beobachtet, jedoch nur peripher und ohne pädagogisch vertiefte Grundlage.

 

Bergler (1986) führt in seinem Buch Mensch und Hund, Psychologie einer Beziehung an, was Corson & Corson (1980) bereits sagten, dass nämlich Liebe, taktiler Kontakt ohne Vorbehalt, ohne situationsabhängige Schwankungen und Bewertungen zu geben und das ständig andauernde -kindlich unschuldige- Vertrauen, das der Hund dem Menschen entgegenbringt, entscheidende Qualitäten eines Therapiehundes sind. Aus diesem Verhalten fühle sich der Mensch dazu veranlasst, dem Hund zu vertrauen und sich für das Tier verantwortlich zu fühlen (vgl.auch Siegel, 1962;1964).

Gerade in der Arbeit mit Kindern konnte man dies in Viesecke in der Praxis beobachten.

Die meisten der Kinder aus Sonderschulen o.ä. blickten auf eine kurze, aber traurige Biografie zurück und fanden hier nun einen Ansprechpartner, der sie weder verläßt noch ihnen nonverbal etwas antut. Sie lernten hier mit dem Hund verantwortungsvoll umzugehen, indem sie ihn versorgten ( Futter, Fellpflege etc.).

Viele Kinder gingen dann in trauter Zweisamkeit mit dem Hund ins Zwiegespräch und lösten so nicht nur ihre Spannungen, sondern öffneten sich auch dem  Hund emotional. Wenn wir Gruppen zu Besuch hatten, konnte ich wahrnehmen, daß sich die Kinder leise entfernten und mit dem Hund einfach hinter einen Baum gingen und drauf losplapperten.

 

Bestätigung findet diese Aussage darin, daß Levinson (1962 ff.) einer der ersten Wegbereiter war, der die Beziehung zwischen Heimtieren und Menschen zum Gegenstand psychologischer Forschung machte. Seinen Schwerpunkt legte er auf den Einsatz von Heimtieren in der Kindertherapie.

Bemerkenswert finde ich folgende Aussage:" als Vorteil hebt Levinson hervor, daß das Kind im Kontakt zu einem Tier unmittelbar merkt, das - anders als bei Puppen und anderen Spielsachen- -seine Gefühle erwidert werden."

 

Ein deutlicher Zuspruch an dem, woran hier in Viesecke gearbeitet wird.

 

Jeden Mittwoch fährt ein Therapieteam in ein Altenheim und die "Herrschaften" freuen sich sehr und verzichten auf ein kleines Stück Frühstücksbrot, um es den Hunden als "Leckerli" vorzubehalten. Besonders eine ältere Dame klagt immer über starke Schmerzen; nur wenn ich sie mit dem Hund besuchte, entwickelte sie, wenn auch nur für 10 Minuten, eine intensive Vigilanz (Daueraufmerksamkeit) dem Hund gegenüber und konnte ihre Schmerzen kurzzeitig vergessen.

 

Corson & Corson (1978; 1980) beschrieben das psycho-soziale Milieu von Altersheimen mit folgenden Worten: " Einsamkeit, Depression, Hoffnungslosigkeit, Hilflosigkeit, Langeweile und geringes Selbstwertgefühl."

 

Dem stimme ich völlig zu, denn was nutzt es einem alten Menschen, materiell versorgt zu sein und primäre Bedürfnisse befriedigt zu bekommen, wenn oft aufgrund des Pflegenotstandes viel zu wenig Zeit für Zuneigung bleibt?

 

Hierbei beobachtete ich, daß viele alte Damen den regelmäßigen Friseurtermin gar nicht realisierten, aber immer in der Lage waren, sich an Kontaktaufnahmen mit den Hunden zu erinnern. Selbst viele bettlägerige Menschen oder Pflegefälle vor Ort nahmen zu den Hunden Kontakt auf - insofern sie keine Hundephobie hatten oder dies aus hygienischen Gründen nicht tragbar war. Sie konnten sich für kurze Zeit erfreuen und mit dem Hund interagieren durch taktile Kontaktaufnahme oder nur allein dadurch, daß der Hund im Zimmer war.

 

Stanley Coren (1994) The intelligence of Dogs, Canine Consciousness and Capabilities sagt dazu in dem Zusammenhang des Hundes als Gesellschaftshund:"Viele Hunde haben nie eine andere Funktion gehabt, als dem Menschen als Haustier und Gefährte zu dienen. Der Mops, der vermutlich aus China stammt und in Europa zunächst in Holland zu Beliebtheit kam, ist ein Beispiel. Er wurde ausschließlich wegen seiner Eignung als Gefährte gezüchtet. "

 

Dies erscheint mir als äußerst wichtig, denn daran ist zu erkennen, daß schon frühzeitig Hunde die Funktion eines "Freundes" hatten.

Die Funktion des Freundes zeigt sich hier in Viesecke auch dann, wenn freitags die Jugendlichen aus der Lebenshilfe kommen, um sich mit den Hunden sportlich auf dem Agility-Parcours zu betätigen. Die meisten von ihnen haben einen festen Hund, den sie immer nehmen und haben im Laufe der Jahre intensive freundschaftliche Beziehungen zu ihm aufgebaut. Nicht selten kommt es vor, daß sie sich Bilder der Hunde in ihre Zimmer hängen oder sich Jahre später an detaillierte Ereignisse mit ihrem "Partner Hund" erinnern.

Abschließend möchte ich noch hinzufügen,daß ich im Wintersemester 2007/2008 an der Universität Hamburg, bedingt durch mein Lehramtsstudium, eine Ringvorlesung zum Thema Integrationspädagogik unter der Leitung von. Prof. Weichert besucht habe und hier interessante Feststellungen machen konnte:

Ich hörte von Dozenten, daß an ihren Einrichtungen Tiere in der pädagogischen Arbeit viel zu selten bis gar nicht eingesetzt werden.

Dies verwunderte mich sehr, denn wenn man dem Trend der Inklusion folgt (em.Prof. Wocken - Uni Hamburg - hat hierzu veröffentlicht) dann zeigt sich, daß hier in Viesecke ohne darüber zu sprechen, genau dies intuitiv durch die Hunde erfolgt.

 

All das ist jedoch nur mit einer Lebensphilosophie möglich, die sich auf das eingangs erwähnte Zitat stützt und das strahlt Frau Fischer-Finzelberg immer noch aus.

Ich wünsche Frau Fischer weiterhin viel Schaffenskraft und Gesundheit, sowie den Hunden und dem Verein.